Buchbesprechungen/Rezensionen zum Roman "Die Feuertore"

 

"Die Feuertore von Martin Schemm sind laut Untertitel ein historischer Roman, und wenn man möchte, kann man das Buch auch als einen begreifen, dessen Handlung einmal nicht, wie im Genre sonst gängig, im städtischen oder höfischen Milieu, sondern in der Welt dörflicher Honoratioren angesiedelt ist. Auch aufgrund der Beschränkung der Perspektive auf den Ich-Erzähler Jakob, der immer wieder selbst nicht ganz einzuschätzen vermag, womit er es zu tun hat, bleibt dem Lesepublikum nämlich in bester Schimmelreiter-Manier die endgültige Klarheit darüber vorenthalten, inwieweit die Hintergründe der immer verstörenderen Ereignisse, mit denen sich der Protagonist konfrontiert sieht, tatsächlich übernatürlich sind. Lässt man sich jedoch auf diese Deutung ein, für die vielleicht nicht nur spricht, dass in dieser Geschichte ausgerechnet ein Jakob eine Traumvision erlebt, hat man ein Buch mit reizvollem Fantasy-Einschlag vor sich, in dem der Autor aus der historischen belegten Verehrung von Meteoriten in Kulten der Antike und Sagen über Irrlichter und schaurige Begebenheiten eine ganz eigene Version von Portalen zwischen menschlicher und göttlicher Sphäre entwickelt.

Eingebettet in liebevolle Beschreibungen der norddeutschen Landschaft mit ihren Äckern, Wäldern und Hügelgräbern und der Handlungszeit mit ihrer Literatur, Musik und Korrespondenzkultur entwickelt sich so parallel zu der zarten und den historischen Umständen angemessenen Liebesgeschichte zwischen Jakob und Charlotte schleichend immer stärker ein Gefühl des Bedrohlichen und Geheimnisvollen. Was erst nur leises Unbehagen im Hintergrund ist, kulminiert schließlich in rätselhaften Vermisstenfällen und gar dem Tod eines Menschen, und auch wenn gegen Ende vordergründig eine gewisse Normalität wieder Einzug hält, wird der Eindruck, dass Unheimliches und mit reiner Vernunft nicht zu Bewältigendes schon hinter dem nächsten Waldrand lauern könnte, hier zu geschickt erzeugt, um mühelos abzuschütteln zu sein. Einen Kontrapunkt dazu bilden die – ungeachtet aller Lästigkeit für die sympathischeren Gestalten des kammerspielartig reduzierten Figurenensembles – durchaus humoristischen Situationen, die sich aus der Hartnäckigkeit eines unwillkommenen Bewerbers um Charlottes Hand und der weniger abstoßenden, aber ebenso unerwünschten Schwärmerei einer flüchtigen Bekannten für Jakob ergeben.

Für alle, die sich im südlichen Hamburger Umland ein bisschen auskennen, trägt zum Unterhaltungswert der Lektüre sicher auch noch bei, hier vertraute Orte zu „besuchen“ und sich klarzumachen, dass sich in gut 240 Jahren nicht nur architektonisch einiges geändert hat: So hält beispielsweise eine mit modernen Verkehrsmitteln rasch zurückgelegte Strecke (etwa von Elstorf nach Langenrehm) die Figuren im 18. Jahrhundert eine ganze Weile beschäftigt, bis sie endlich ans Ziel gelangen, und auch wenn man das in der Theorie natürlich ohnehin weiß, ist es vielleicht noch einmal eindringlicher, wenn einem die Gegend, um die es geht, in ihrer heutigen Gestalt vor Augen steht.

Aber auch abseits solcher Detailbeobachtungen macht es Spaß, Jakob durch sein Abenteuer zu folgen, das sich formelhaften Handlungsmustern größtenteils verweigert und beweist, dass spannende Geschichten sich auch abseits des Gewohnten und schon oft Gelesenen erzählen lassen."

(ARDEIJA, Rezension von Maike Claußnitzer, online veröffentlicht am 13. Februar 2025)

 

"Die phantastische Idee dieses Romans ist der Gedanke, dass Meteoritenfälle vielleicht ein Tor zu einer anderen Welt öffnen, vielleicht zu den Göttern, was der Autor mit zahlreichen Zitaten aus der Antike und dem Mittelalter belegt. Davon überzeugt ist zumindest der Vogt Ludwig von Lohfeld von der Vogtei Elsdorf, der darob seine Amtspflichten vernachlässigt und Unsummen für astronomische Geräte und Literatur ausgibt, für die sein Verwandter und Vorgesetzter, der Amtmann von Moisburg, Johann Ludwig Wolff, aufkommen muss. Zu ihm kommt als Auditor der junge Jakob Eduard Frahm, den er nach Elsdorf weiterschickt, einerseits, um die Dinge dort in Ordnung zu bringen und andererseits dem Amtmann zu berichten, was dort eigentlich los ist. Ludwig von Lohfeld erweist sich als mürrischer Mann, der sich ganz von der Umwelt abkapselt und nur seinen okkulten Studien mit einem Eifer nachgeht, der nur als Besessenheit bezeichnet werden kann. Er hat aber ein reizendes Töchterlein, das ob ihrer Vereinsamung ziemlich niedergeschlagen ist. Daraus entwickelt sich eine sehr behutsam und zurückhaltend erzählte Liebesgeschichte ...

Die Geschichte spielt im Jahre 1784 und erreicht ihren Höhepunkt, als sich in der Gegend tatsächlich ein Meteorfall ereignet und Lohfeld und Frahm mit einigem Erfolg nach den Himmelssteinen zu suchen beginnen. Äußerst mysteriös ist das spurlose Verschwinden einiger Bewohner der Gegend; auch von ihrem Vieh findet sich keine Spur, und im ganzen Umkreis herrscht eine unnatürliche Stille. Ein konkurrierender Meteoritensucher wird mit schweren Verbrennungen aufgefunden und stirbt schließlich. Der Roman hat auch einen Lovecraft-Bezug, denn zu den Büchern, die Lohfeld studiert, gehören auch die Unausprechlichen Kulte des von Junzt, und auch die Schilderungen der Folgen des Meteoriteneinschlags zeigen den Einfluss Lovecrafts. Insgesamt eine sehr nette, romantisch gefärbte Geschichte."

(QUARBER MERKUR, Rezension von Franz Rottensteiner in Ausgabe 124, Februar 2024)

 

Feuertore zum Jenseits

"Merkwürdige Theorien verfolgt der griesgrämige alte Amtmann Ludwig von Lohfeld, Verwalter eines kleinen Amtes im Süden von Hamburg, im Jahre 1784. Nach Einschlägen von Meteoriten, so glaubt er, öffnen sich Tore zwischen Diesseits und Jenseits ... Von übernatürlichen Phänomen handelt einmal mehr ein historischer Roman des Eimsbütteler Schriftstellers Martin Schemm: 'Die Feuertore', die der Historiker wieder der rationalen Gedankenwelt der Aufklärung gegenüberstellt. Eine junge Frau spielt ebenfalls eine wichtige Rolle."

(HAMBURGER WOCHENBLATT, Ausgabe 20/2023 vom 20. Mai 2023)

 

EKZ BIBLIOTHEKSSERVICE:

"Jakob Frahm wird 1784 zu seinen neuen Ausbildungsort im Amt Moisburg, Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg, gesendet und landet in der Vogtei zu Elstorf beim berüchtigten, schwierigen Vogteiinnhaber Ludwig von Lohfeld. Dieser hat sich der Erforschung der Meteoriten verschrieben und deren Mythen, insbesondere der Feuertore, Portale zwischen den Sphären Gottes und der Menschen. Seine Tochter Charlotte versinkt hingegen in Einsamkeit und Gram, freundet sich aber mehr und mehr mit Jakob an. Seltsame Begegnungen und Umstände lassen ihre Welt wanken. Historiker Martin Schemm (vgl. "Der Goldschatz der Elbberge", ID-A 45/10) verknüpft das bürgerliche Leben in der Frühen Neuzeit mit der damals aufkeimenden Wissenschaftlichkeit und der mittelalterlichen Abergläubigkeit. Er unterfüttert seine abwechselnd frische und düstere Geschichte mit antiken Zitaten. Durch die innig wachsende Liebesgeschichte bekommt sie tröstliche Atmosphäre bei aller Mystik und Mythologie. Für Freunde der Frühen Neuzeit, der antiken Sagen, der guten Geschichten gerne überall."

(ekz-Informationsdienst ID bzw. IN 2023/17, April 2023)

 

"... Erzählt wird die Geschichte aus der Ich-Perspektive von Jakob, der uns hier auf seine Reise mitnimmt; und peu a peu erfahren wir Leser mit ihm mehr über die Mysterien, von denen der alte Lohfeld besessen ist. Die – leider mit knapp 240 Seiten etwas kurze – Geschichte erinnerte mich vage irgendwie an „Sleepy Hollow“: ein junger Held landet in einem Kaff weitab von gut und böse und soll skurrile Dinge aufklären. Der Held ist aber aufgeklärt und glaubt nicht an übernatürliche Phänomene, muss sich aber irgendwann eines Besseren belehren lassen, denn es gibt doch einiges mehr zwischen Himmel und Erde, als man so mit den Augen sehen kann. Natürlich ist „Sleepy Hollow“ eine ausgewiesenene Horrorgeschichte und das sind „Die Feuertore“ nun doch nicht, aber ich fand es von der Atmosphäre her ähnlich. Der Autor hat die Stimmung sehr gut eingefangen: anfangs ist alles entspannt, fast schon spießig, und so langsam wird es mysteriös und das Übernatürliche kommt des Weges. Insgesamt ist trotzdem alles sehr ruhig erzählt, also wilde Actionszenen haben wir hier nicht, aber wie gesagt, das Mysteriöse kommt angeschlichen und macht sich breit. Fand ich echt gut gemacht, hat mich abgeholt.

Da der Autor Historiker ist, ist auch generell das Setting sehr authentisch dargestellt (okay, ich spezifiziere: das gesellschaftliche und alltägliche Leben im ausgehendem 18. Jahrhundert erschien mir authentisch, ob die Feuertore und Irrlichter authentisch sind, hahahaha, das entscheide jeder selbst ??!). Ich empfehle diesen Roman allen, die sowohl historische Romane lieben als auch ein Faible für Mystery und Übernatürliches haben!"

(Monis Bücher Piazza / Buchblogging, online veröffentlicht am 4. April 2023)

 

"Das Buch von Martin Schemm, der im Jahr 2007 den Deutschen Phantastik Preis erhielt, zieht den Leser förmlich in die Handlung. Die Handlung zeigt geheimnisvolle Mysterien auf, die den Leser an den Naturgesetzen zweifeln lässt. Jede Zeile ist spannend zu lesen, man möchte das Buch erst aus der Hand legen, wenn man zur letzten Seite gelangt und die mysteriöse Handlung aufgelöst wird.
Für den Heimatkundler: Das Amt Moisburg (Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg) umfasste 43 Dörfer sowie Höfe. Sie war in die Vogteien Moisburg, Hollenstedt und Elstorf aufgegliedert, durch die die Este fließt. In dem Roman erfährt der Leser zugleich Historisches über die Region."

(Kreiszeitung Wochenblatt Buchholz/Buxtehude, März 2023)

[Zuletzt aktualisiert im Februar 2025]