Fernsehinterview bei HAMBURG 1
(31. Mai 2006, Sendung "Frühcafé", Moderator: Jochen Dominicus)
Hamburg1

 


 


 


 


 


 


DOMINICUS: Das Frühcafé - schönen guten Morgen. Wir wollen uns heute der Frage widmen: Wie wird man eigentlich Autor? Wie schreibt man eigentlich ein Buch? Und wie kommt es dann dazu, dass man wirklich 1.000 Bücher - also eine Auflage von 1.000 Büchern - produziert? Martin Schemm, das ist Ihr zweites Werk - Todeskontakt. Bevor wir gleich ein bisschen über die Autorentätigkeit von Ihnen, die ja nebenberuflich ist, sprechen - erst einmal der Inhalt vom Buch ... Worum geht's?

SCHEMM: Todeskontakt ist ein Hamburger Mystery-Thriller - würde man das nennen - vom Genre her. Es ist ein Krimi mit einer unheimlichen, einer übernatürlichen Dimension, sagen wir mal. Es geht also darum: Bei einer kleinen Internet-Firma in Hammerbrook ereignet sich ein sehr rätselhafter Todesfall. Es springt eine Frau aus einem Stockwerk in ein Fleet und ertrinkt da. Und Kommissar Gorski nimmt die Ermittlungen auf und er kann keine Ursache dafür finden. Also, es deutet nichts auf einen Mord hin, aber auch nichts auf einen Selbstmord, und es ist sehr rätselhaft. Kurze Zeit später ereignen sich weitere solche Todesfälle, auch wieder im Umfeld dieser Firma, und es wird jetzt klar, dass es mit rechten Dingen nicht mehr zugehen kann. Also mit normaler kriminalistischer Logik kommt man da auch nicht mehr weiter. Jetzt kommt die Parapsychologin Ellen Sandler dem Kommissar zu Hilfe, und gemeinsam - durch Recherchen und durch Ermittlungen - kommen sie auf die Spur einer dämonischen Bedrohung. Also etwas Übernatürliches, was sozusagen dieses Unternehmen heimsucht. Und jetzt müssen sie die Ursache für diese Heimsuchung finden und das Ganze stoppen. Das ist dann ein dramatischer Wettlauf mit der Zeit ...

DOMINICUS: Das ist der Inhalt des Buchs. Wie sind Sie auf die Geschichte gekommen? Wie entwirft man Geschichten?

SCHEMM: Das ist schwierig. Also bei mir ist es jetzt im Fall des Todeskontakts nicht so gewesen, dass ich eines Nachts das große "Klick" hatte und am nächsten Morgen hätte ich das Buch vor Augen gehabt. Das war einfach eine Planung - ich wollte einen Hamburg-Krimi schreiben mit einer übernatürlichen Dimension. Die Schlüsselidee war dann sozusagen: Wie bekommt man das Übernatürliche halbwegs glaubwürdig inszeniert, dass es plausibel wirkt, dass es nicht so aus heiterem Himmel kommt, sondern dass man als Leser das Gefühl hätte: Wenn es sowas gäbe, könnte es so stattfinden.

DOMINICUS: Ich habe es eben eingangs gesagt: Sie sind ja nicht hauptberuflich Autor. Die gibt es auch, die davon leben können - das ist nicht bei allen der Fall. Sie arbeiten hauptberuflich wo?

SCHEMM: Ich arbeite bei der Freien und Hansestadt Hamburg, und zwar beim Hamburgischen Datenschutzbeauftragten. Und das auf einer Dreiviertelstelle, so dass ich also ...

DOMINICUS: ... Zeit genug ...

SCHEMM: Tja, Zeit genug ... Es sind anderthalb Tage in der Woche, an denen ich schreiben kann und dann gibt es ja auch noch Familie - Frau und Tochter. Und wenn dann die Zeit bleibt, dann kann ich an diesen anderthalb Tagen schreiben. Das muss man gut vorbereiten, da muss man auch relativ diszipliniert sein, weil man muss dann wirklich auch ein Pensum abarbeiten.

DOMINICUS: Wie lange haben Sie gebraucht?

SCHEMM: Der Roman selber, das Schreiben, war ein Jahr. Und die Planung und Konzeption ein halbes Jahr.

DOMINICUS: Dann geht es ja hin. Wenn man das Manuskript hat, dann muss man ja einen Verlag finden, der wirklich 1.000 Stück produziert. Von Ihrem ersten Buch "Das Heidenloch", da wurden ... also da sind Sie jetzt schon in der dritten Auflage, nicht? Ist hier noch nicht der Fall, aber wie geht so ein erster Kontakt? Wird man auch abgewiesen?

SCHEMM: Ja, das ist schwierig. Ich habe das Manuskript bzw. erst einmal ein Exposé an, ich glaube, zwanzig Verlage geschickt. Und dann kommen immer die üblichen Absagen: Leider passt das nicht in unser Verlagsprogramm ... Liegt übrigens meistens am Genre, muss man auch sagen - Fantastik ist nicht unbedingt das, was in Deutschland so hoffähig ist. Beim EUGEP-Verlag in Düsseldorf ist es jetzt also glücklicherweise so gelaufen: Ich hatte da an einem Story-Literaturwettbewerb teilgenommen und den zum Glück gewonnen. Und so sind wir dann also aufeinander zugegangen und dann haben die gesagt, ob ich nicht mal ein größeres Werk vorhabe. Da habe ich gesagt: Das gibt es schon. Und dann haben sie sich das angeguckt und dann haben sie gesagt: Ja, das finden wir gut, können wir machen.

DOMINICUS: Und dann muss man wahrscheinlich durchs Lektorat? Dann muss umgeschrieben werden - wahrscheinlich, nicht? Dann kommt vieles raus. Wahrscheinlich ist man nicht immer damit glücklich, oder?

SCHEMM: Es fällt einem sehr schwer. Also mir fällt es zumindest sehr schwer, dann ganz grobe oder sehr weitläufige Korrekturen anzunehmen. Aber auf der anderen Seite lernt man auch sehr viel. Durch das Lektorat mit Verlagslektoren werden einem Fehler vor Augen geführt und Wege, wie man das Ganze besser machen kann. So dass man das am Ende natürlich einsieht. Ich glaube, das Lektorat zum Todeskontakt ging auch über mehrere Monate. Da wurden dann Fassungen immer hin und her geschickt und der Verlag sagte: Also, das wäre noch schön ...

DOMINICUS: Ist es eigentlich Ihr Traum, davon zu leben?

SCHEMM: Gute Frage ... Also, ich würde natürlich lügen, wenn ich sagen würde: Ich will nicht den Bestseller schreiben. Aber im Prinzip ist die Lösung, so wie sie jetzt ist, eigentlich optimal. Ich würde nie vom Schreiben leben müssen wollen, weil ich glaube, wenn man sozusagen das dann als Lebensunterhalt hat, dann ist der Spaß vielleicht irgendwann weg und die Kreativität, weil dann muss man ja - muss man ja - Geld verdienen. So ist es halt so: Wenn was dabei abfällt, ist es schön, aber es ist auch nicht schlimm, wenn es jetzt halt so auf diesem Niveau ist.

DOMINICUS: Wenn Sie Ihr nächstes Werk veröffentlichen, sind Sie herzlich wieder eingeladen. Wenn Sie einen Bestseller schreiben, sowieso. Vielleicht wird es ja noch einer. Erste Auflage, wie gesagt, ist im Moment draußen ... Martin Schemm, vielen Dank, daß Sie so ein bisschen über - ich nenne es jetzt noch einmal - "Hobby-Schreiben" gesprochen haben. Viele Hobby-Autoren werden jetzt aufgepasst haben. Vielen Dank für Ihren Besuch.

SCHEMM: Danke auch.

[Zuletzt aktualisiert im März 2010]